Seit März 2020 beherrscht das Thema “Corona” Politik, Medien und Gesellschaft. Von Anfang an wurde der Eindruck vermittelt und mit immer neuen Panikmeldungen einschließlich emotional belastender Bilder untermauert, dass wir Alle diesem neuartigen, gefährlichen Virus wehrlos ausgeliefert sind. Immer neue Einschränkungen, die aufgrund des Infektionsschutzgesetzes rasch und problemlos durchsetzbar waren und sind wurden als als unabdingbar und alternativlos kommuniziert.
Nur sehr wenige Meldungen gab und gibt es in den Medien über unser Immunsystem, das ja eine entscheidende Rolle beim Infektionsgeschehen spielt und beispielsweise auch neuartige Krankheitserreger erkennen und bekämpfen kann.
Evolutionsgenetisch betrachtet hat sich in Millionen von Jahren beim Menschen ein Immunsystem entwickelt, das sehr komplex und differenziert, dabei ausgesprochen effektiv ist.
Unser Immunsystem sorgt dafür, dass wir im Gleichgewicht mit den überaus zahlreichen potentiell krank machenden Viren, Bakterien und Pilzen sind, die ständig unseren Körper (Haut, Schleimhäute) besiedeln oder die neu mit uns in Kontakt treten. Zu einer Infektion mit nachfolgender Erkrankung kommt es erst, wenn dieses Gleichgewicht an einer Stelle verändert ist. Das kann daran liegen, dass besonders virulente (krank machende) Keime in großer Anzahl auftreten, oder auch unsere Körperabwehr gestört ist.
Eine kurze Übersicht soll zunächst aufzeigen, welche angeborenen und erworbenen Abwehrmechanismen unserem Körper zur Verfügung stehen, um Krankheitserreger zu erkennen und unschädlich zu machen. Danach werden Faktoren aufgeführt, die unsere Körperabwehr beeinflussen können.
Angeborenes unspezifisches Immunsystem
Grundsätzlich sind wir keiner Infektion, auch mit einem “vollkommen neuen” Virus, hilflos ausgesetzt. Unser Körper ist mit natürlichen Barrieren (Haut, Schleimhäute, Blutgefäßwände) ausgestattet, die Krankheitserreger zunächst überwinden müssen. Dazu gehören auch Speichel, Urin und Magensaft.
Daneben haben wir schon seit der Geburt ein genetisch festgelegtes unspezifisches Immunsystem. Der genetische Einfluss kann auch erklären (u.a.), dass in einigen Ländern nur sehr wenig schwere Covid-Erkrankungen aufgetreten sind. Die Komponenten des angeborenen Immunsystems bestehen aus weißen Blutkörperchen (neutrophile und eosinophile Granulocyten, Monocyten), die darauf spezialisiert sind, Schadstoffe und Krankheitserreger rasch zu erkennen und unschädlich zu machen.
Neutrophile Granulocyten spielen dabei eine wichtige Rolle. Sie sind in der Lage, Krankheitserreger zu erkennen, aufzunehmen (“Fresszellen”) und zu zerstören (“natürliche Killerzellen”).
Fresszellen (Makrophagen, Granulocyten, auch Monocyten) nehmen Krankheitserreger in sich auf, zerlegen sie in Antigene und präsentieren diese an ihrer Zelloberfläche. So kann die Kaskade der spezifischen Immunabwehr (Aktivierung von B- und T‑Lymphocyten) in Gang gesetzt werden.
Zum angeborenen Immunsystem zählen auch natürliche Killerzellen (NKC). Sie gehören zur ersten Verteidigungslinie im Kampf gegen Infektionen (und Krebs). Sie bilden wichtige Botenstoffe und sind in der Lage, infizierte (und entartete) Zellen abzutöten. Die NKC stammen aus lymphatischen Vorläuferzellen im Knochenmark
Erworbenes spezifisches Immunsystem
Von Geburt an sind Menschen mit Keimen konfrontiert und müssen sich damit auseinander setzen. Gegen einige Krankheitserreger besteht initial ein “Nestschutz”, das sind Antikörper, die vor der Geburt über die Nabelschnur und nach der Geburt über die Muttermilch aufgenommen werden und (3 bis 9 Monate lang) vor einigen Infektionskrankheiten schützen. Gleichzeitig wird von Geburt an und bis ins hohe Alter durch ständigen Kontakt zu Keimen das individuelle Immunsystem aktiviert und fortlaufend trainiert.
Komponenten des spezifischen Immunsystem sind hauptsächlich Lymphocyten, die ebenfalls der Gruppe der “weißen Blutkörperchen” zuzurechnen sind. Hierbei spielen 2 Zelllinien eine Rolle,die B‑Lymphocyten und die T‑Lymphocyten.
Durch Kontakt mit einem Antigen werden B‑Lymphocyten aktiviert und umgewandelt in Plasmazellen. Diese produzieren spezifische, also speziell gegen dieses Antigen gerichtete, Antikörper, die eine Reaktion mit dem Antigen eingehen. Dies kann unbemerkt ablaufen oder durch Freisetzung von “Botenstoffen” Entzündungsvorgänge auslösen und Krankheitserscheinungen hervorrufen.
Diese Antikörper sind etwa 1 Woche nach Kontakt mit dem Krankheitserreger nachweisbar (sog. IgM-Antikörper). Eine weitere Klasse von Antikörpern (IgG — Antikörper) treten etwas später auf, 10 bis 14 Tage nach der Infektion. Diese “neutralisierenden” Antikörper können im Blut längere Zeit (Monate, zum Teil Jahre lang) nachweisbar sein und sind Zeichen einer durchgemachten Infektion.
Ein Teil der B‑Zellen entwickelt sich nicht zu Plasmazellen, sondern zu Gedächtnis-B-Zellen. Die Gedächtniszellen vermitteln das immunologische Gedächtnis für dieses spezielle Antigen. Diese können bei erneutem Zusammentreffen mit dem Antigen schnell aktiviert werden und sofort zu Plasmazellen differenzieren, was zu einer beschleunigten und stärkeren zweiten Immunantwort führt. Dieser Mechanismus ist beispielsweise die notwendige Voraussetzung für eine erfolgreiche Impfung.
T‑Lymphocyten
Neben den beschriebenen B‑Lymphocyten spielt im Immunsystem eine andere Gruppe der Lymphocyten, die T‑Lymphocyten, eine sehr wichtige Rolle. Im Gegensatz zu den von Plasmazellen (über B‑Lymphocyten) gebildeten Antikörpern ist die Immunität durch T‑Zellen lang anhaltend, wahrscheinlich lebenslang.
Folgende Aufgaben kommt den T‑Zellen innerhalb des Immunsystems zu (stark vereinfacht und verkürzt):
- Abtöten von Virus-infizierten Zellen
- Schutz umliegender Zellen vor dem Eindringen des Virus
- Aktivierung des unspezifischen Immunsystems (s.o.)
- Aktivierung des spezifischen Immunsystems (B‑Zellen) » Antikörperbildung
- Bildung von T‑Gedächtniszellen
Kreuzimmunität
Menschen, die in der Vergangenheit Kontakt mit “endemischen Coronaviren” hatten, und die sind immerhin für 30% aller Erkältungskrankheiten verantwortlich, besitzen häufig T‑Gedächtniszellen, die aufgrund der immunologischen Ähnlichkeit das neuartige SARS-CoV‑2 erkennen können.
Nach Kontakt mit SARS-CoV‑2 werden diese Gedächtniszellen rasch aktiviert und greifen den neuen Erreger an. Das kann zu einer schnelleren Immunantwort führen, die eine ungehinderte Virusausbreitung im Körper verhindern und einen milden Krankheitsverlauf bedeuten kann. Der Nachweis von T‑Zellen im Blut belegt also eine früher durchgemachte Infektion mit diesem oder einem immunologisch ähnlichen Krankheitserreger.
Unser Immunsystem ist also sehr komplex – die einzelnen Komponenten haben vielfältige Wechselwirkungen, was sich im Lauf der Evolution als sinnvoll und vorteilhaft erwiesen hat.
Die Abwehr eindringender Krankheitserreger erfolgt unbemerkt oder führt (durch freigesetzte Mediatoren – Zytokine, Interferone, Komplemente etc) zu Entzündungsreaktionen, die dann für die Krankheitserscheinungen und Organmanifestationen verantwortlich sind. Das kann zu Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen, Bronchitis mit ggf. Lungenentzündung usw. führen.
Einflüsse auf das Immunsystems
Neben der Anzahl und der Virulenz (Schädlichkeit) der Keime, sowie den beschriebenen Komponenten unseres Abwehrsystems, spielen individuelle und größtenteils beeinflussbare Faktoren bei der Infektabwehr eine wichtige Rolle. Wir haben viele Möglichkeiten, unser Immunsystem zu stärken.
Alter: Ab ca. dem 60. Lebensjahren nimmt die Anzahl bestimmter Immunzellen und auch deren Effektivität ab. Zudem leiden ältere Menschen häufig an chronischen Erkrankungen, die ihrerseits die Körperabwehr beeinträchtigen. Das kann dazu führen, dass ältere Menschen an bestimmten Infektionen schwerer erkranken.
Umweltverschmutzung
Studien in Peking (2008 bis 2014), sowie in New York (2005 bis 2016) belegen einen hoch signifikanten Zusammenhang zwischen Feinstaubbelastung und Influenza und ähnliche virale Erkrankungen. Experimentell wurde in mehreren Untersuchungen belegt, dass lang anhaltende Exposition gegen Feinstaub die Funktion der Fresszellen, insbesondere der Makrophagen, aber auch der natürlichen Killerzellen stört.
Daneben wird die natürliche Barriere Schleimhaut geschädigt, sodass Atemwegsinfekte häufiger werden. Feinstaub entsteht durch Abrieb von Autobremsen und Reifen, auch industrielle Tiermast und künstliche Düngemittel. Auffälligerweise entsprechen die beobachteten Corona-Hotspots den Regionen mit der größten Feinstaubbelastung (Oberitalien, Madrid, New York und andere). Neben Feinstaub bestehen weitere gesundheitsschädliche Umweltfaktoren. Nach Angabe der WHO (2015) sterben im Bereich der EU jährlich 300.000 bis 600.000 Menschen an Folgen der Umweltverschmutzung.
Psychosoziale Faktoren
Gesichert durch zahlreiche Befunde und Studien aus der Psychoneuroimmunologie ist, dass chronischer Stress, wie Angst, Ohnmacht, Hilflosigkeit, auch soziale Kälte usw., durch eine dauerhafte Aktivierung des Sympathikus-Nerven mit Erhöhung von Stresshormonen die Aktivität des Immunsystems herabsetzt. Die Anfälligkeit gegenüber Krankheitserregern ist dadurch erhöht.
Dagegen werden die Abwehrkräfte gestärkt durch Aktivitäten, die einem permanenten Stress entgegenwirken, beispielsweise durch positive Gedanken, Ausgeglichenheit, inneres Wohlbefinden usw.
- Schlaf
Ausreichend Schlaf ist für das Immunsystem unabdingbar, wobei die erforderliche Schlafdauer individuell unterschiedlich ist. Beim Nachtschlaf ist der Gegenspieler des Sympathikus, der Parasympahikus oder Vagus (“Nerv der Ruhe und Regeneration”), aktiviert, der die Stoffwechselvorgänge im Körper herunterfährt.
- Genussgifte
Nikotin- und Alkoholkonsum, sowie der Konsum von Süßigkeiten im Übermaß können das körpereigene Abwehrsystem ungünstig beeinflussen
- Ernährung
Ausgewogene, vitamin- und bitterstoffreiche Ernährung mit ausreichend Mineralstoffen und Antioxidantien stärken die “Hintergrundimmunität”.
- regelmäßige Bewegung in frischer Luft
Spaziergänge, Wandern, Walken, Radfahren und andere sportliche Aktivitäten ohne Überlastung können über einen Abbau von Stresshormonen einen positiven Einfluss auf die Körperabwehr haben. Nachgewiesen wurde inzwischen, dass kurzzeitiger und insbesondere regelmäßiger Aufenthalt im Wald sich positiv auf die Hintergrundimmunität auswirkt, etwa durch einen signifikanten Anstieg der “Killerzellen” durch den Einfluss sekundärer Pflanzenstoffe, vor allem Terpene.
- Vitamin D
Vitamin D ist wichtig für Knochenstoffwechsel, Muskulatur und Immunsystem. Es gibt Hinweise darauf, dass ein unzureichender Vitamin D‑Serumspiegel mit einem erhöhten Risiko für akute Atemwegsinfekte einhergeht.
Dazu gehört auch die COVID-19-Erkrankung, für die die Datenlage aktuell allerdings noch unsicher ist.
Da Vitamin D teilweise in der Haut bei Sonneneinstrahlung gebildet wird, ist eine Vitamin D – Einnahme besonders für Menschen sinnvoll, die sich meist in geschlossenen Räumen (zum Beispiel im Pflegeheim) aufhalten.
Empfehlenswert ist eine tägliche Dosis bis 20 µg (800 IE). Da Vitamin D nicht wasserlöslich ist und daher nicht über die Nieren ausgeschieden werden kann, sollte die Einnahme höherer Dosen mit dem Arzt abgesprochen werden, da sonst eine “Vitamin D‑Vergiftung” droht.
- Zink
Zink ist ein lebensnotwendiges Spurenelement, das für Wachstum und Entwicklung, aber auch für die Funktion des Immunsystem wichtig ist. Es ist an der Bildung und Aktivierung von Abwehrzellen beteiligt und aktiv dafür verantwortlich, Krankheitserreger abzuwehren. Zur Prophylaxe von Erkältungskrankheiten durch zusätzliche Zinkeinnahme gibt es kaum Studien, zumindest bei Erwachsenen. Eine vorbeugende Einnahme von Zink ist sinnvoll und unschädlich. Empfohlen wird hier eine tägliche Dosis von 6,5 mg (BfR).
- Artemisia annua
(Einjähriger Beifuß) ist seit vielen Jahren als Heilpflanze bekannt, eine antioxidative und entzündungshemmende Wirkung ist nachgewiesen. Artemisia annua wird in afrikanischen Ländern zur Malariatherapie eingesetzt. Die regelmäßige Einnahme von Artemisia als Tee oder Pulver stärkt die Immunabwehr und ist sinnvoll zur Infektprophylaxe.
- Wärmende Bäder (zum Beispiel Rosmarin), Einreibungen und Inhalationen (zur Pflege der Schleimhäute) können die Körperabwehrkräfte stärken, ebenso regelmäßige Saunabesuche.
Naturheilkunde und die anthroposophische Medizin bieten eine Reihe weiterer Wirkstoffe und Arzneimitteln an, um die Infektabwehr zu stärken und dadurch Infektprophylaxe zu betreiben (zB. Echinaceapräparate, Campheröl usw.).
Armut und Gesundheit
Erwähnenswert ist nicht zuletzt der Zusammenhang zwischen sozialem Status und Gesundheit. Gesichert ist, dass “reiche” Menschen allgemein gesünder sind und länger leben als “arme” Menschen. Das gilt in unserem Land und vor allem weltweit. So ist in der SARS-CoV-2-Pandemie erkennbar, dass schwere und tödlich verlaufende Covid-Erkrankungen sehr viel häufiger in Ländern und Regionen mit großer Armut als in unserer Wohlstandgesellschaft zu beobachten sind.
Diese kurze Zusammenstellung kann natürlich keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben. Gezeigt werden sollte, dass unser Körper keinesfalls wehrlos ist auch gegenüber “neuen” Krankheitserregern. Wir selbst haben Möglichkeiten, unsere Körperabwehr zu stärken.
Leicht erkennbar ist, dass viele Maßnahmen und Verordnungen im Rahmen der Pandemie einer Stärkung des Immunsystems entgegenstehen, beispielsweise Kontaktbeschränkungen, Ausgangsbeschränkungen (Bundeskanzlerin: “Bleiben Sie zu Hause!”), Verwehrung einer sozialen Teilhabe für bestimmte Bevölkerungsgruppen (“3 G, 2 G, 1 G ‑Regelungen”) usw.
— — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — -
Verwendete und weiterführende Literatur:
- Arvay, Clemens G.: Wir können es besser, Quadriga-Verlag (2020)
- Hardtmuth, Th., Glöckler, M. in: Corona und das Rätsel der Immunität, Akanthos Akademie Stuttgart (2020)
- Schubert, Chr.: Was uns krank macht – Was uns heilt, Fischer und Gann (2016)
- Trabert, G.: Solidarität in Zeiten von Corona und darüber hinaus. Oekom Verlag München (2020)
- Vaupel, P., Schaible, H.-G., Mutschler, E.: Anatomie, Physiologie und Pathophysiologie des Menschen, Wissenschaftl. Verlagsgesellschaft (2015)
- Wilkens, J. und Meyer, F.: Corona natürlich behandeln, AT-Verlag (2020)
- BfR (Bundesinstutut für Risikobewertung): Mitteilung Nr. 015/2021 des BfR vom 14. Mai 2021
- Read SA et al.: The Role of Zinc in Antiviral Immunity. Adv Nutr 2019;0:1 – 15
- COVID-19: Frühere Infektionen mit anderen Coronaviren könnten vor schweren Verläufen schützen’ (Deutsches Ärzteblatt vom 08.10.20)
- Loyal L et al.; Cross-reactive CD4+ T cells enhance SARS-CoV‑2 immune responses upon infection and vaccination. Science (2021), doi: 10.1126/science.abh1823